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Spiel 35: Sieben Grad mehr

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Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen – vor allem, wenn die Reise nach Ingolstadt geht: Der Blogger hat dort schon epische Play-off-Schlachten, hässliche Fouls (in einer dieser epischen Schlachten), unfassbar schlechte Schiedsrichter-Leistungen (Aumüller raus!) und schöne Ehrenrunden gesehen. So spektakulär wie bei diesem 5:4 nach Penalty-Schießen ging es dabei selten zu.

Die Fakten: Die Thomas Sabo Ice Tigers (64 Punkte) haben in Ingolstadt eine 3:1 und eine 4:3-Führung verspielt – und trotz einer Personalsituation, die mit angespannt sehr harmlos beschrieben ist, nach Penalty-Schießen doch noch gewonnen. Mit dem 4:3 (2:1, 1:2, 1:1, 0:0, 1:0) beim ERC (55) hat die Mannschaft in schwarz und weiß den Rückstand auf die Hamburg Freezers (68) um einen Punkt reduziert, einen weiteren Punkt auf die Kölner Haie (68) verloren und den Vorsprung auf Krefeld (62) ausgebaut.

Die Wende: Gab es in diesem Spiel nicht. Oder, besser: Es gab zu viele, um sie alle zu schildern. Nur vier Beispiele: Nürnberg übersteht eine 72 Sekunden 3-5-Unterzahl souverän, Ingolstadts „Fans“ reagieren mit Pfiffen. Tyler Weiman ist ein einziges Mal in diesem Spiel desorientiert, liegt außerhalb seines Torraums, der einstige Nürnberger Michel Periard darf sich zweimal am Schuss aufs leere Tor versuchen, der erste wird geblockt, der zweite geht vorbei. Evan Kaufmann hat lange Zeit, sich an das 3:4 gegen Schwenningen und seine drei, allesamt vergebenen Alleingänge zu erinnern und trifft trotzdem zum 4:3. Steven Rupprich, dieser ewig unglückliche Arbeiter, scheitert im Alleingang an Timo Pielmeier, es folgt ein langer Pass und Greg Classen steht alleine vor Weiman, Pfosten, Schlittschuh, Tor. Jede dieser Szenen hätte vorentscheidend sein können, dieses Derby wollte aber nicht voraussehbar sein.

Spruchreif, eins: „Gott sei Dank, habe ich nicht geschossen.“ (Tray Tuomie über das Penalty-Schießen, am Samstag noch war er nach einem netten öffentlichen Trainer der einzige Ice Tiger ohne Treffer im Show-Penalty-Schießen – behauptete danach aber, dass Andy Jenike wegen vier und mehr Gegentreffern in Folge der neue Shampoo-Boy sei. In den Nürnberger Nachrichten steht das in der Montags/Dienstags-Ausgabe allerdings anders. Sorry, Coach.)

Die Statistik: Der ERC Ingolstadt hat nun fünf Spiele in Folge verloren. Nürnberg war zwar selbst angeschlagen läuferisch, vor allem aber technisch überlegen und hat letztlich verdient gewonnen. Der hassgeliebte Derby-Gegner war trotzdem stets gefährlich, Thomas Greilinger zuzusehen, ist immer noch ein Genuss, Timo Pielmeier war gut und Tim Conboy auffällig. Und so beweist Ingolstadts Negativserie eigentlich nur, dass es in dieser Saisonphase unwahrscheinlich schwer ist, Spiele nach 60 Minuten für sich zu entscheiden. Der letzte Sieg gelang dem ERC übrigens gegen: die Hamburg Freezers (bis zur Niederlage in, ja, tatsächlich, Straubing, 14 Mal Sieger in 16 Spielen).

Spruchreif, zwei: „Wenn man so schwimmt, kann man nur versuchen, nicht zu ersaufen.“ (Tray Tuomie über die Phase Ende des zweiten Drittels, als die Ice Tigers der Ingolstädter Wucht nur wenig entgegenstellen konnten.) 

The Good: Am Freitag habe ich es beschrieben und damit vielleicht beschrieen: Vom 17. November bis zu diesem 5. Januar haben die Ice Tigers nie mehr als drei Tore kassiert. In Ingolstadt waren es vier – und der Torhüter trotzdem überragend. Tyler Weiman hat sich den Gürtel mit einer sensationellen Leistung verdient, auch wenn das die Statistik (30 Saves bei 34 Schüssen) nicht beweist. Mitte des zweiten und über die komplette Spielzeit des dritten Drittels war Weiman unfassbar stark. Sollte man bei der DEL in Köln ob des mittlerweile umfangreich vorrätigen Bewegtbildmaterials doch dazu entscheiden, die besten zehn Saves des Jahres zusammenzuschneiden, dann sollte man sich vor allem dieses Spiel noch einmal genauer ansehen. Das macht die Entscheidung, welchem Torhüter man für die kommende Saison einen neuen Vertrag geben will, nicht einfacher (auch wenn eine Entscheidung ja offenbar längst gefallen ist).

The Bad: Wenn es in den nächsten zehn Tagen ganz blöd läuft, könnten die Ice Tigers am 17. Januar nur noch von Platz sieben grüßen: Nürnberg empfängt Krefeld und Wolfsburg zu Hause und muss dann nach München und Mannheim, spielt also ausschließlich gegen unmittelbare Verfolger. Wie schon erwähnt, diese Liga ist derzeit maximal ausgeglichen.

And the Ugly: Das Spiel: großartig (die Temperatur in der Halle ist währenddessen von 13 auf 20 Grad gestiegen – sticktaps to my dad). Die Schiedsrichter: top (von David Elsners Bandencheck vor dem 2:1 mal abgesehen). Die Stimmung: ebenso (von den Pfiffen aus dem Ingolstädter Fanblock bei eigenem Power-Play und den ewig dämlichen Schmähungen gegen Thomas Sabo mal abgesehen). Für diese Kategorie reicht es heute nicht. Allmählich sollten wir uns etwas Neues einfallen lassen.

Usung Heroes: Gibt es keinen einzelnen. Oder, besser: Es gab zu viele, um sie an dieser Stelle alle zu würdigen. Natürlich gab es viele Fehler – ohne Fehler wäre es zu solch einem unterhaltsamen Spiel nicht gekommen. Dabei scheint aber jeder einzelne Ice Tiger seine Grenzen ausgetestet zu haben. In der Zellstoff-Ausgabe der Nürnberger Nachrichten sollte ich so etwas nicht schreiben, aber dafür gibt es ja dieses Blog: Es macht einen Heidenspaß, über diese Mannschaft, ja, über jeden einzelnen Spieler berichten zu dürfen. Ich glaube, dass es zu einem maximal glücklichen Ende dieser Spielzeit nicht reichen wird, aber wer den Erfolg einer Saison nicht nur am Titel misst, der dürfte sich über den Unterhaltungswert des Jahrgangs 2013/2014 kaum beklagen können.


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